Volles Haus am zweiten Tag des Grand Prix-Meetings, eine angemessene Kulisse für den Topsport am Renntag des Jahres in Hamburg. Und bei bedecktem, aber nahezu trockenem Wetter eine tolle Stimmung von Beginn an – spannender Trabrennsport vom ersten bis zum letzten Rennen, viereinhalb Stunden Kurzweil und beste Unterhaltung. Dazu trugen maßgeblich die Akteure bei, allen war anzumerken, dass kein normaler Renntag anstand. Obwohl es um viel ging: Fairness war angesagt, kaum Arbeit für die Rennleitung, wahrlich professioneller Sport also.
An allen vorbei
Dass die Schweden in jeder Hinsicht Vorbild sind, was professionelles Arbeiten im Trabrennsport bedeutet, bewiesen die Fahrer aus dem skandinavischen Land einmal mehr. Und das nicht nur durch den sportlichen Erfolg mit topvorbereiteten Pferden, sondern auch durch ihr Auftreten bei den Siegerehrungen. Allen voran natürlich diesmal Peter Untersteiner, der streng genommen ja gar kein Schwede ist, sondern Österreicher. Doch wer seit 55 Jahren in Schweden lebt, der gilt mehr als „nur a bisserl“ als ein solcher.
Im Großen Preis von Deutschland sah man ihn mit dem letztjährigen Derbydritten im letzten Bogen noch an letzter Stelle, dann aber verlieh er Toto Barosso förmlich Flügel. Für Ästheten besonders schön anzuschauen, wie er nahezu ohne Peitscheneinsatz sein Pferd schnell machte. Und wie! Denn die 8,7:1-Chance „fraß“ auf dem kurzen Hamburger Einlauf alle Gegner auf, die sich allerdings teils unterwegs auch selbst schon in Positionskämpfen ihrer Reserven beraubt hatten. So kam auch der ebenfalls im Rennen kaum gesehene Riesenaußenseiter Gold Cap BR mit Cees Kamminga noch zum Ehrenplatz vor Kilimanjaro und Kentucky River. Diesen Einlauf hatte in der Viererwette niemand auf dem Wettschein – Jackpot! Die Dreierwette zahlte satte 3.671,2:1.
Bei der Siegerehrung scherzte ein sichtlich erfreuter Untersteiner, er sei eigentlich nur gekommen, weil er gehofft habe, ein „deutsches Bier trinken“, was postwendend von den Verantwortlichen für ihn organisiert wurde. Über Toto Barosso bekannte er, sein Pferd, siegreich in 13,2, sei den ganzen Weg recht faul gewesen, doch dann eben noch rechtzeitig zur Stelle gewesen. Übrigens genauso wie der Troß zuvor, denn aufgrund von Staus auf den deutschen Autobahnen kamen der Sieger und sein Team erst auf den letzten Drücker in Hamburg an.
Vorjahressieger erfolgreich
im vergangenen Jahr hatte sich Joakim Lövgren mit Oscar L.A. den Großen Preis gesichert. Diesmal war der rechtzeitig aus einem Formtief wieder aufgetauchte Lasbeker siegreich im IDEE Kaffee-Rennen gegen einen erstaunlich starken Garuda Fligny und Orkan von Haithabu, während der im Vorfeld kräftig angesungene Hambo-Vierte Soul Strong ebenso baden ging wie Schweden-Starter Go West Young Man.
Ging es für die Fünfjährigen um 30.000 EUR, so balgten sich die Älteren über die Sprintdistanz im Banks-Rennen um immerhin 10.000 EUR. Der Bahnrekord des Namensgeber kam zwar nicht in Gefahr, doch der Derbysieger aus dem Jahr 2018 Mister F Daag imponierte beim zweiten Jahresstart nach einer langen Verletzungspause und unterstrich, dass er noch einmal zu Höchstleistungen bereit ist. Robin Bakker gewann mit ihm in 11,6 gegen einen überraschend stark laufenden Colonel und Norton Commander.
Goldhelm dreimal
Für Michael Nimczyk lief es mit Bayard im Hauptereignis alles andere als optimal, denn erst gab es keine Lage, und die dann gefundene Lage entpuppte sich letztlich als kleine „Falle“. Dafür hielt er sich im „Rahmen“ schadlos und schnappte sich mit dem Peter Heitmann-Rennen auch einen fetten Brocken. Um 20.000 EUR gab es für den im Derby so unglücklich wegen einer Kollision gescheiterten Jimmy Ferro BR einen kleinen Ausgleich. Nach früher Offensive kontrollierte Michael Nimczyk mit ihm vorn das Geschehen und nahm das Tempo geschickt raus. So blieben genügend Reserven, um die Schlussattacke des Derbysiegers Lorens Flevo abzuwehren. Eine Revanche also für das Derby, sicherlich mit Fortsetzung.
Eine packende Kampfankunft gab es im Stutenrennen, obwohl nur sechs Pferde sich beim Bänderstart versammelt hatten. Kiwi Fortuna führte bis weit in den Einlauf, wurde dann „aufgefressen“. Jacy di Quattro ackerte durch die Todesspur und gewann mit Michael Nimczyk gegen Ovation L.A. Seinen dritten Tageserfolg markierte der deutsche Champion zum Ausklang des Tages mit Ito, hinter dem der bravourös laufende Dream Fashion einmal mehr nur am Sieg schnuppern konnte, aber weiter ohne Volltreffer blieb.
Die übrigen Sieger
Der Renntag war eröffnet worden durch einen Start-Ziel-Erfolg von Infinity Corner mit Rob de Vlieger. Anderhalb Runden musste der Niederländer mit plattem Reifen absolvieren und gewann dennoch gegen Velten Chicago, wodurch der in Norddeutschland gezüchtete Wallach zum Seriensieger avancierte.
Ein wenig glücklich, aber am Ende vollkommen souverän war Ollivander mit Thorsten Tietz. Nachdem Rosima bereits am Start weggesprungen, hob der andere Favorit Key West Newport vorn scheinbar unmotiviert die Beine, für Thorsten Tietz das Signal zur Attacke.
Außen herum ging es zum Erfolg für Powerful PS und Victor Gentz, der sich durch die Todesspur nicht aufhalten ließ und für 10,1:1 zum Zuge kam gegen den auf freier Bahn schnell werdenden Waldgeist sowie Englishtown.
Über den langen Weg von 2.720 Meter war Edens Boy nach drei Ehrenplätzen in Folge einmal wieder fällig. Bald nach vorn gezogen hielt Jaap van Rijn mit dem Sieger das Tempo konstant hoch und wurde auch nicht mehr durch den nachsetzenden Zion Font in Verlegenheit gebracht, gewann in flotten 14,5.
Einen vierten Nimczyk-Treffer verhinderte Rick Ebbinge, der in einem Finish Bord an Bord mit Ikarus Love den favorisierten Man U kurz vor der Linie in die Knie zwang. Dies kickte so manchen V7-Wetter aus dem Spiel, so dass es am Ende die satte Quote von 25.000:1 gab, was nichts anderes bedeutete, als dass jeder Treffer 5.000 EUR wert war.
cb